Es ist früh am Morgen, als ich Katarina das erste Mal sehe.
Sie steht gekrümmt, hat starke Koliken, Schaum vor dem Mund, fiebrige Augen. Sie zittert, hat Durchfall, krampfartige Wellen durchdringen ihren Körper in regelmässigen Abständen. Sie ist sehr mager, kann sich kaum auf den Beinen halten. Warum ist sie hier?
Sie wird verkauft, kommt wohl heute noch ins Schlachthaus. Sie dürfte eigentlich nicht verkauft werden, müsste stattdessen behandelt oder notgeschlachtet werden. Das interessiert hier niemanden. Sie wird wie all die anderen Tiere auf diesem Vieh-Markt durch die Kontrollen kommen. Irgendjemand drückt immer ein Auge zu. Schliesslich geht es um Geld. Und wo es um Geld geht, ist kein Platz für Mitgefühl.
Ich drehe meine Runde, denke stumm an mein Mantra: durchhalten, Tränen bringen keinem Tier was. Aufzeichnen, protokollieren, fotografieren, aufklären, anzeigen. Nur das hilft.
Nach einer Stunde komme ich wieder an Katarina vorbei. Inzwischen ist sie zusammengebrochen. Der zuständige Tierarzt ist trotz meines Hinweises bis jetzt nicht gekommen. Ich streichle Katarina über die Nase. Sie blickt mir mitten ins Herz. „Bald ist es vorbei“, verspreche ich ihr.
Ich würde so gerne mehr tun. Aber solange die Menschen es zulassen, dass Tiere wie Waren behandelt werden, kann ich nur versuchen durchzuhalten. Tränen bringen keinem Tier was. Aufzeichnen, protokollieren, fotografieren, aufklären, anzeigen. Nur das hilft.
Ich verspreche Katarina, dass sie nicht vergessen wird. Dass sie einen Platz in meinem Herzen bekommt und ich mich mein Leben lang für sie und alle Tiere dieser Welt einsetzen werde. Ich flüstere ihr ihren Namen ins Ohr und küsse sie auf den Hals.
Etwas später wird sie verladen. Sie schafft kaum die Rampe. Wenigstens wird sie nicht geschlagen, dass ich zuschaue verunsichert die Männer.
Einige Stunden später bin ich zurück im Hotel und sortiere meine Aufzeichnungen und meine Fotos. Und dann kommen die Tränen. Ich weiss, Tränen bringen keinem Tier was. Aber ich kann sie nicht mehr zurückhalten.